Fluchtursachen bekämpfen!

Am späten Mittwochnachmittag, den 28.10.15, trafen sich interessierte Bürger in der KulturStation in Wetzlar um über die derzeitige Flüchtlingskrise zu diskutieren. Die SPD Lahn-Dill hatte zu dem Event eingeladen, bei dem der Fokus auf den Fluchtursachen und deren Bekämpfung lag. Moderiert wurde der Abend von dem Unterbezirksvorsitzenden Wolfgang Schuster und als Referent konnte Dr. Rolf Mützenich (MdB) gewonnen werden.

In seinen einleitenden Worten wies Schuster auf die geplante Erstaufnahmeeinrichtung in Toom-Markt in Herborn hin und erklärte, dass der Kreis auf das Geheiß des Landes handeln muss und ca. 5 % der hessischen Flüchtlinge im Lahn-Dill Kreis ankommen. „Wir stellen uns der Herausforderung“, so Schuster. 2300 Menschen habe der Lahn-Dill-Kreis bereits aufgenommen, davon 500 unbegleitete Minderjährige. Im historischen Vergleich aber, relativiere sich diese Gesamtzahl. Vor 70 Jahren seien im Kreis 17.000 Zwangsarbeiter befreit worden. Auch würden durch den demographischen Wandel in der nahen Zukunft nahezu 32.000 Arbeitskräfte der jüngeren Altersgruppe fehlen.

In seinem anschließenden Vortrag betonte Rolf Mützenich die Wichtigkeit des Gelingens einer humanitären Flüchtlingsaufnahme und Integration. Weltweit seien heute 60 Mio. Menschen auf der Flucht. Allerdings seien 39 Mio. davon Binnenflüchtlinge und von den 20 Mio. Flüchtigen im Ausland haben nur circa 2 Mio. Asyl gefunden. Die Mehrzahl der Flüchtlinge komme zurzeit aus Syrien, Afghanistan und Somalia und findet Zuflucht in den Nachbarländern wie unter anderem der Türkei, dem Iran und dem Libanon.

Laut Mützenich hat es einen Wandel in den Fluchtursachen gegeben. Waren die Menschen früher noch vom Hunger, der wirtschaftlichen Situation und den Umweltbedingungen zur Flucht getrieben worden, sind es heute Bürgerkriege, schlechte Regierungsverhältnisse und Ungerechtigkeit. Nach unserem deutschen Grundgesetz und auch der Genfer Flüchtlingskonvention haben diese Menschen ein Anrecht auf Asyl und die EU-Länder, die Flüchtlingsaufnahmen verweigern, sollten dies nicht vergessen, so der Bundestagsabgeordnete.

Als ein unabdingbares Mittel in der Bekämpfung der Fluchtursachen sieht Mützenich die Stärkung der UN. Die Weltorganisation werde viel zu selten wertgeschätzt, Beiträge würden nicht gezahlt und Zusagen nicht eingehalten. Dabei sei die UN die am besten geeignete Organisation für die globalen Aufgaben in der Flüchtlingskrise.

Als politischer Bund, der zwar aus einer Wirtschaftsunion erwachsen sei, sich aber heute auch als Wertegemeinschaft verstehe, sei es Aufgabe der EU zusammen mit der UN und regionalen Organisationen humanitäre Direkthilfe in den Ländern zu leisten. Deutschland gebe 1 Milliarde aus dem Bundeshaushalt für Syrien. Diese wird unter anderem in Nahrung, medizinische Versorgung und psychologische Betreuung investiert, entweder direkt in Syrien oder auch in den Nachbarländern, wie Türkei, Libanon, Jordanien und Irak, für dortige Hilfsangebote. Der Libanon habe z.B. bei einer Einwohnerzahl von 4 Mio. schon 1 Mio. Flüchtlinge aufgenommen.

Mützenich ging anschließend auf die Situation in Syrien ein und stellte klar, dass der Konflikt nicht nur ethnisch und religiös motiviert sei, sondern auch kriminelle Gruppen die Situation ausnutzen. Weiterhin sei der geführte Stellvertreterkrieg zu erwähnen. Dieser fände zwischen den USA und Russland, aber auch zwischen dem Iran und Saudi-Arabien statt und befeuere den Konflikt zusätzlich. Es sei von großer Wichtigkeit, den Iran an der Konfliktlösung zu beteiligen, was allerdings von den USA bisher abgelehnt wurde. Jetzt hat Obama zugestimmt den Iran an den nächsten Gesprächen zur Konfliktlösung offiziell zu beteiligen. Die neue Weltordnung benötige multilaterale Lösungen, so Mützenich.

In der anschließenden Diskussion wurde der deutsche Waffenexport, die Situation in Libyen sowie die Situation in der Türkei und das Verhandeln mit Despoten angesprochen. In seinen Antworten betonte Mützenich die zurückgegangenen Genehmigungen für Kleinhandwaffen, bedauerte das Scheitern der in Deutschland geführten Verhandlungen im Libyenkonflikt und stellte klar, dass man manchmal keine andere Wahl habe als auf politischer Ebene mit Despoten zu verhandeln um größeres Leid zu verhindern.