Stephan Grüger MdL (SPD): „Teilregionalplan widerspricht den Vorgaben des Hessischen Energiegipfels und des Landesentwicklungsplans“

Zur heute von der Regionalversammlung Mittelhessen beschlossenen 2. Offenlage des Teilregionalplans Energie erklärt der SPD-Landtagsabgeordnete aus dem Lahn-Dill-Kreis, Stephan Grüger:
Nach dem aktuell vorliegenden Entwurf eines Teilregionalplans Energie ist Windkraftnutzung nur auf rund 0,6 % der Landesfläche in Mittelhessen tatsächlich möglich, die restliche Fläche der Vorranggebiete ist für den Betrieb von Windkraftanlagen nicht ökonomisch nutzbar. Dies widerspricht den Vorgaben des Hessischen Energiegipfels und des Landesentwicklungsplans. Danach soll Windkraft auf mindestens 2% der Landesfläche genutzt werden. Zwar weist der Entwurf des Teilregionalplans Energie knapp mehr als 2% sogenannte „Vorrangfläche“ aus, allerdings ist der größte Teil dieser Fläche ökonomisch nicht nutzbar, weil zu wenig windhöffig. Auch lehrt die Erfahrung, dass zur Erreichung von Windkraftnutzung auf 2% der Landesfläche erkennbar mehr als 2% als Vorrangfläche ausgewiesen werden muss.

In dem aktuellen Entwurf liegen rund 70% der bereits bestehenden Windkraftanlagen außerhalb der „Vorranggebiete“. Ein örtliches Repowering ist damit nicht möglich, dies kann dazu führen, dass alte laute und schnelllaufende Windkraftanlagen nicht durch wenige neue leise und langsam laufende Windkraftanlagen ersetzt werden. Ein solches Repowering wäre auch im Sinne des Vogelschutzes, der ja bei der Erstellung des Entwurfs eine maßgebliche Rolle gespielt hat.
Bei allem Verständnis für die Interessen der Vogelschützer muss sich der Regierungspräsident und insbesondere auch die grüne Umweltministerin als politisch Verantwortliche für die oberste Natur-schutzbehörde die Frage gefallen lassen, ob die besondere vogelschutzrechtliche Behandlung von Windkraftlangen im Verhältnis zu anderen Biotopeingriffen z.B. durch Straßenverkehr und Landwirtschaft angemessen ist. Vieles spricht dafür, dass die besonders benachteiligende Behandlung der Windkraft im Ergebnis als Verhinderungsplanung gewertet werden kann. Leider war der grüne Energieminister nicht willens oder fähig, maßgeblich auf diese im Ergebnis gegen seine Pläne einer Verdoppelung der Erneuerbaren Energien in Hessen in dieser Legislaturperiode gerichtete mittelhessische Regionalplanung Einfluss zu nehmen.
Ob ein solcher Teilregionalplan Energie rechtlich Bestand haben wird, steht daher in Frage. Bleibt zu hoffen, dass die heute beschlossene 2. Offenlage zu einer deutlichen Änderung des Entwurfs führen wird. Allerdings ist es schade um die erneut vergebene Zeit und die damit nicht wünschenswerte Verzögerung der Energiewende in Hessen und der damit verbundenen regionalen und kommunalen Wertschöpfung.

Stephan Grüger ist Mitglied des Hessischen Landtages und Mitglied der Regionalversammlung Mit-telhessen. An der heutigen Sitzung der Regionalversammlung konnte er wegen einer parallel stattfindenden Plenarsitzung des Hessischen Landtages nicht teilnehmen. Im Folgenden finden Sie die Persönliche Erklärung von Stephan Grüger anlässlich der Beschlussfassung zur 2. Offenlage des Teilregionalplans Energie im Ausschuss für Energie, Umwelt, Ländlichen Raum und Infrastruktur (EULI) der Regionalversammlung Mittelhessen.

Persönliche Erklärung von Stephan Grüger zur Abstimmung zu Punkt 4 der Tagesordnung der Sit-zung des EULI am 9.7.2015

Nach meiner Überzeugung ist der aktuell vorliegende Entwurf eines Teilregionalplans Energie nicht beschlussfähig. Dies insbesondere aus folgenden Gründen:
1. Nach dem aktuell vorliegenden Entwurf eines Teilregionalplans Energie ist Windkraftnutzung nur auf rund 0,6 % der Landesfläche in Mittelhessen tatsächlich möglich, die restliche Fläche der Vorranggebiete ist für den Betrieb von Windkraftanlagen nicht ökonomisch nutzbar. Dies widerspricht den Vorgaben des Hessischen Energiegipfels und des Landesentwicklungsplans.
2. Ganzen Gemeinden soll die Entwicklung der Windkraft in windhöffigen Gebieten unmöglich ge-macht werden. Dies bedeutet eine massive Benachteiligung dieser Gemeinden. Es steht in Frage, ob dieser massive Eingriff in die kommunalen Rechte gem. Art. 28 Abs. 2 angemessen ist.
3. Gegenüber anderen raumbedeutsamen Eingriffen (z.B. Land- und Forstwirtschaft, Überlandstromleitungen, Verkehr) wird die Windkraftnutzung diskriminierend behandelt. Die gilt besonders für die m.E. unbelegten Verschlechterungsunterstellungen bei der Bewertung des Vogelschutzes und die fehlende Berücksichtigung von möglichen Ausgleichsmaßnahmen zur Biotopverbesserung.
4. 70% der Bestandsanlagen in Mittelhessen liegen nach aktueller Planung nicht mehr in Vorrangge-bieten zur Windkraftnutzung. Dies ist vor allem bei erst kürzlich genehmigten Anlagen widersprüch-lich. Es erschwert massiv das örtliche Repowering und damit eine Verbesserung der Gesamtsituation für Anwohner wie auch unter Naturschutzaspekten. Die Betreiber werden auf diese Weise zum Fortbetrieb der bestehenden Anlagen gezwungen, obgleich bessere örtliche Alternativen möglich wären, wenn der Teilregionalplan diese zulassen würde.
Aus Respekt vor der internen Beschlussfassung meiner Fraktion, die sich mehrheitlich für eine zweite Offenlage ausgesprochen hat, habe ich mich bei der Abstimmung enthalten, statt mit Nein zu stim-men.