Bei der gemeinsamen Veranstaltung "TTIP, CETA, ETC" von SPD Lahn-Dill, B90/Grüne Lahn-Dill und FWG Lahn-Dill war der Saal in Wetzlar gut gefüllt. Zu dem aktuellen und kontroversen Thema referierten der SPD-Landtagsabgeordnete Stephan Grüger (SPD, MdL) und Prof. Dr. Helge Peukert (Uni Erfurt). Moderiert wurde die Veranstaltung von Wolfgang Hofmann (FWG).
"Wer verhandelt da eigentlich mit wem in wessen Interesse", fragte Stephan Grüger. Die Zivilgesellschaft insgesamt und auch die Abgeordneten werden kaum über die TTIP-Verhandlungen der EU-Kommission mit der US-Administration informiert. Es sei kein Problem einen Handelsvertrag abzuschließen, aber Handelsverträge müssten den Menschen und nicht in erster Linien den Kapitalgebern der großen Unternehmen nützen. In einem zustimmungsfähigen Handelsvertrag sollten dann beispielsweise die Anerkennung der Kernarbeitsnormen der International Labour Organization (ILO) und die Festschreibung eines ausschließlichen Klagewegs über staatliche Gerichte enthalten sein. Am Ende müsse klar sein, dass in einem sogenannten geteilten Verfahren das EU-Parlament und alle 28 nationalen Parlamente zustimmen müssen. Aber bei dem nach Vorstellung der EU-Kommission fertig verhandelten CETA-Handelsvertrag mit Kanada könne man sehen, dass in dem Vertragsentwurf private Schiedsgerichte enthalten sind, die Anerkennung der Kernarbeitsnormen der International Labour Organization jedoch fehlen. "Ohne vollständige Anerkennung wenigstens der ILO-Kernarbeitsnormen würde aber in einem Handelsabkommen ein Ungleichgewicht zugunsten der USA und gegen die Wirtschaft der EU festgeschrieben werden", stellte der Wirtschaftspolitiker fest. Die Verhandlungen müssen im Sinne der Bürgerinnen und Bürger und im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland und in der EU geführt werden. "Und wenn sich der Vertragsentwurf am Ende gegen die Interessen Deutschlands richtet, dann muss der Bundestag den Vertrag ablehnen können, unabhängig davon, welche Parlamente sonst noch zugestimmt haben, forderte der Abgeordnete.
"Die Lobbyisten schreiben schon ihre Widersprüche, da haben die meisten Abgeordneten den Verhandlungstext noch gar nicht gelesen", beschrieb Prof. Peukert ein Problem der aktuellen Verhandlungen über Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) mit den USA und Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) mit Kanada. Punkte für internationale Abkommen zwischen Staaten gebe es ausreichend und so nannte er beispielsweise die Regelung der Finanzmärkte. Gegen die Verhandlungen sei also im Grundsatz nichts einzuwenden, doch an Inhalt und Stil übte er Kritik. Diese richtete sich gegen die Fixierung auf die Steigerung des Bruttoinlandsprodukts, die diskutierten "Schattengerichte", die Absenkung von Sozial- und Umweltstandards. TTIP in seinem bisher bekannten Umfang nutze den Großbanken und internationalen Firmen und schade den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die in Europa und Deutschland eine starke Mitbestimmung haben. Vielmehr müsse TTIP aber Mindeststandards fordern und beispielsweise Klimazölle oder Sozialstandards einfordern. Am Ende der Verhandlungen müsse gelten "wenn’s scheitert, dann scheitert’s halt". Die Verhandlungen müssten nicht um jeden Preis in einen Vertrag münden.